„The Jewish Space – Das Jüdische im Raum“ Vorträge von Sylke Schumann und Wolfgang Dörfler

Montag, 23. September 2024, 19 Uhr

Blick in die Ausstellung in Zeven

Blick in die Ausstellung in Zeven, Foto: Ralf Schumann, 2010

Das von Schülerinnen und Schülern rekonstruierte Synagogenmobiliar aus Zeven hat einen eigenen Raum in der Cohn-Scheune in Rotenburg bekommen und erzählt seit Jahren seine Geschichten, die noch heute Folgeprojekte inspirieren. Sylke Schumann wird ihren persönlichen Weg zur Projektentwicklung aufzeigen, der in den 1990ern in Israel begann. Indem sie die einzelnen Aspekte des Projektes im Bildervortrag erläutert, wird sie auf die Bedeutung, Wirkung und Leistung, aber auch auf mögliche Gefahren und Risiken von verschiedenen „Jewish spaces“ für seine Beteiligten eingehen. Den Begriff des „Jewish Space“ im europäischen Kontext führte in den 1990ern die Historikerin Diana Pinto ein.

Blick in die Ausstellung in der Cohn-Scheune

Blick in die Ausstellung in der Cohn-Scheune, Foto: Wolfgang Dörfler, 2021.

Vor ca. fünfzehn Jahren begleiteten immer kritischere Stimmen von jüdischen und nicht-jüdischen Intellektuellen die Gedenkdebatte in Deutschland. Begriffe wie „Gedächtnistheater“, „Gedenkmeute“ oder „Holocaustindustrie“ erschreckten oder empörten Menschen, die sich zum Teil seit Jahrzehnten in Gedenkvereinen und Geschichtswerkstätten engagierten. Angesichts des Terrors am 7. Oktober 2023 und seiner gesellschaftlichen Folgen sind diese längst verstummt, aber damals fühlte sich Sylke Schumann herausgefordert, darüber nachzudenken, wie man junge Menschen motiviert, sich mit dem „Leidschatz“ unserer Geschichte zu beschäftigen.

Die Tora in der Cohn-Scheune

Die Tora in der Cohn-Scheune, Foto: Wolfgang Dörfler, 2021

Ein Museum lebt von seinen Exponaten, den Gegenständen, mit denen es sein Thema den Menschen näherbringen will. Jüdische Gegenstände sind in der Zeit des Nationalsozialismus systematisch vernichtet worden und daher sehr selten. Im zweiten Teil der Veranstaltung berichtet Wolfgang Dörfler davon, wie der Förderverein Cohn-Scheune Kenntnis von dem Nachbau der Synagogen Einrichtung aus Zeven erhalten hat und sich um eine Leihgabe der im Depot aufbewahrten Gegenstände bemühte. Dazu gehörte auch die Recherche zur Entstehungsgeschichte und der Kontakt zur Berufsschule und dort besonders zu dem Lehrer Heinz Kuhr, der seinerzeit die Aktion federführend betreut hatte. Durch einen besonderen Glücksfall gelang es wenige Monate später, den zur Ausstattung gehörenden Toraschrein auch noch mit einer während der NS-Zeit versteckten Torarolle zu bestücken. Auch die Geschichte dieser Leihgabe wird im Vortrag von Wolfgang Dörfler vorgestellt.

Sylke Schumann

Sylke Schumann, Foto: privat

Sylke Schumann

  • Um 1990 Krankenschwester, Pflegemutter, ehrenamtlich in der Suchtkrankenhilfe in Berlin
  • 2007-2016: Studium Jüdische Studien und Religionswissenschaft (BA) an der Universität Potsdam
  • Aktuell: freiberuflich tätig im Museum Altona, Schlossmuseum Bergedorf und Musikerin 

„… bedecken, enthüllen, verzieren, erscheinen – Bekleidung und Mode in unserem Leben“ Vortrag von Klaus Priesmeier

1. September 2024, 15 Uhr

Klaus Priesmeier, Foto: Kirchenkreis Diepholz

Klaus Priesmeier, Foto: Kirchenkreis Diepholz

„… bedecken, enthüllen, verzieren, erscheinen – Bekleidung und Mode in unserem Leben“: darum geht´s am 1. September nachmittags in der Cohn-Scheune. Warum und wie ziehen wir uns an, und warum gerade so? Und womit überhaupt? Kleidung ist nicht nur Schutz, sie ist zugleich Ausdruck von Individualität wie von Zugehörigkeiten. Sie schützt, verbirgt und schmückt, und sie enthüllt Wichtiges von unserem Leben, unseren Wünschen, unseren Ausdrucksweisen. Konkreter „Aufhänger“ des Themas ist die Tatsache, dass die Familie Cohn in Rotenburg ein Textilgeschäft betrieb und auch mit Bleyle-Produkten handelte. Dazu gibt es gerade eine Ausstellung vor Ort. Darum wird auch ein kurzer Blick auf die Firma Bleyle wie auf den Textileinzelhandel überhaupt geworfen.

Werbeschild, Foto: Klaus Priesmeier, Leihgabe StadtPalais – Museum für Stuttgart

Der Referent des Nachmittags ist in einem Textil- und Modehaus aufgewachsen und hat sich zunächst auch beruflich in diese Richtung bewegt – ist dann aber umgeschwenkt auf die Theologie. Und auch in diesem Kontext ist das Thema Kleidung höchst aufschlussreich. Das lässt sich zeigen – bis hin in Exponate der Dauerausstellung in der Cohn-Scheune.

Die Sonderausstellung zur Erinnerung an das Textilgeschäft J.D. Cohn in Rotenburg wird noch bis zum 15. September 2024 präsentiert.

Pressemitteilung zum „Fest der Demokratie“

Rotenburg, den 02.08.2024 – Am Samstag, den 10. August, wird mit einem „Fest der Demokratie“ in der Rotenburger Stadtkirche ab 17 Uhr die Unterzeichner-Liste der „Rotenburger Erklärung für Demokratie und Zusammenhalt“ geschlossen.

U.a. der Autor und Liedermacher Heinz-Rudolf Kunze, zwei Projekt-Gruppen von Schülerinnen und Schülern sowie die ROWOKALS treten im Rahmen dieser Veranstaltung auf, die 75 Jahre Grundgesetz feiert und sich mit der zunehmenden Bedrohung unserer Demokratie auseinandersetzt.

Organisiert wird das Fest durch das Rotenburger Diakonissen-Mutterhaus, die Rotenburger Werke, das Rotenburger Agaplesion Diakonieklinikum, den Förderverein der Cohn-Scheune und die Stadt Rotenburg (Wümme).

„Wir hören als engagierte Bürger und fest in Rotenburg verwurzelte Einrichtungen nicht auf, unsere Stimmen für Demokratie und Zusammenhalt zu erheben“, stellt Matthias Richter, Vorstand des Mutterhauses, die Grundidee der Erklärung und des Festes vor.

„Eine Demokratie ist nicht nur ein sehr gutes verfassungsrechtliches Konstrukt aus der Vergangenheit. Eine Demokratie ist ein lebendiges System, für dessen Funktionieren und Weiterentwicklung wir täglich arbeiten müssen“, ist Torsten Oestmann als Bürgermeister überzeugt.

„Es geht gerade um die sogenannten kleinen Szenen im Alltag, die unsere Demokratie bedrohen oder eben unterstützen können“, konkretisiert Sabine Ulrich als Geschäftsführerin der Rotenburger Werke: „Hass-Kommentare, Beleidigungen und Abwertungen bedrohen den gesellschaftlichen Zusammenhalt.“

„Diese Erklärung und dieses Fest sind nur zwei Bausteine, um sich für unser Miteinander einzusetzen. Tagtäglich leben Menschen in Schulen, in Betrieben, in Einrichtungen, in der Politik und Zuhause vor, was Demokratie ist und sein kann. Demokratie beginnt am Küchen- und Kantinentisch!“, mahnt Lars Wißmann als Theologischer Direktor des Krankenhauses.

Prof. Inge Hansen-Schaberg, Vorsitzende des Fördervereins Cohn-Scheune e.V., erklärt: „In unserem Grundgesetz sind alle elementaren Regeln für ein friedliches Zusammenleben in unserer Demokratie vorbildlich formuliert worden. Mit der Rotenburger Erklärung und dem Fest der Demokratie bekennen wir uns zu diesem Schatz und engagieren uns für den Erhalt der unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechte.“

Das Fest in der Stadtkirche endet mit einem Come-together, bei dem auf das Grundgesetz angestoßen werden kann. Der Eintritt ist frei.

Die Rotenburger Erklärung kann noch bis zum 10. August unterschrieben werden. Inzwischen haben ca. 3100 Menschen mit ihrer Unterzeichnung ein sichtbares Bekenntnis zur Demokratie abgegeben. Gestartet wurde der Aktionszeitraum am 23. Mai 2024, also genau 75 Jahre nachdem der Parlamentarische Rat im Auftrag der drei westlichen Besatzungsmächte eine zunächst als Provisorium gedachte Verfassung ausgearbeitet und genehmigt hat.

Kreiszeitung 6. August 2024