
Beispiel der Verladung eines Liftvans im Hamburger Hafen (hier auf die SELBY) – Speicherstadtmuseum Hamburg, HHLA-Archiv, Fotograph: Gustav Werbeck.
14. Mai 2025, 19.00 Uhr, Cohn-Scheune
Für als Jüdinnen und Juden aufgrund der NS-Ideologie verfolgte Menschen war ab 1933 die Emigration aus dem Deutschen Reich oftmals der einzige Weg, das eigene Leben und das der Familie zu retten. Auch aus dem Elbe-Weser-Dreieck entschlossen sich einige Verfolgte für die Auswanderung. Ihr in Liftvans und Kisten verstaut Hab und Gut verließ Deutschland dabei mit Frachtschiffen – meist über die Häfen Hamburg und Bremen. Mit Kriegsbeginn im September 1939 kam die zivile Schifffahrt jedoch weitestgehend zum Erliegen. Noch nicht verladene Frachten verblieben in den Lagern, bereits ausgelaufene Schiffe wurden zurückbeordert. Somit stauten sich die Umzugsgüter in den Häfen, während viele Eigentümer:innen glücklicherweise bereits das Land haben verlassen können. Ab 1941 beschlagnahmte die Gestapo dann die sog. „Judenkisten“, das Übersiedlungsgut, um deren Inhalte zu „verwerten“. Die Privatgegenstände der Flüchtenden wurden öffentlich meistbietend versteigert und fanden damit ihren Weg in Privathaushalte, Museen und Bibliotheken, wo sie sich zum Teil auch noch heute befinden müssten. Das Hab und Gut, darunter auch viele geliebten Erinnerungsstücke erreichten ihre Eigentümer somit bis heute nicht.

Foto Dr. Kathrin Kleibl: Deutsches Schifffahrtsmuseum
Dr. Kathrin Kleibl studierte Klassische und Frühchristliche Archäologie, Kunstgeschichte, Deutsche Geschichte, Geschichte der Naturwissenschaften und Museumsmanagement an den Universitäten Aix-en-Provence und Hamburg. 2008 promoviert sie im Fachbereich Klassischen Archäologie an der Universität Hamburg. Seitdem ist sie in Forschung und Lehre sowie an Museen tätig. Ihre Schwerpunkte sind die Auswirkungen von Kulturen im Kontakt sowie im speziellen die Translokation von Kulturgut in politischen und gesellschaftlichen Konfliktkontexten. Sie untersucht außerdem museale Sammlungen auf ihre Genese, auf die Herkunft der Objekte und dabei insbesondere auch nach NS-verfolgungsbedingt entzogenen Kulturgütern. Seit Mai 2024 ist sie wissenschaftliche Mitarbeiterin am Heinrich-Vogeler-Museum im Barkenhoff in Worpswede.
Vor dem Wechsel war sie 8 Jahre am Deutschen Schifffahrtsmuseum – Leibniz-Institut für Maritime Geschichte in Bremerhaven als wissenschaftliche Mitarbeiterin für Sammlungsgeschichte und NS-Provenienzforschung tätig. Unter anderem leitete sie dort zwei Projekte zum Umgang mit und zu Versteigerungen von Übersiedlungsgut jüdischer Emigrant:innen in den Freihäfen Hamburg und Bremen nach 1939. Dabei entstand auch eine umfängliche Datenbank mit dem Titel LostLift Datenbank (www.lostlift.dsm.museum), die über das Internet Zugriff auf erforschte Entzugsfälle und deren Quellen gibt.