Vortrag von Horst-G. Vogeler: „Der Künstler Carl Meffert / Clément Moreau (1903-1988)“ – Mittwoch, 13. November 2024, 19 Uhr

Vortrag von Horst-G. Vogeler, Fischerhude, im Rahmen der Ausstellung „Kinder flüchten vor Hitlers Weltkrieg“

Mittwoch, 13. November 2024, 19 Uhr, Cohn-Scheune

Copyright: Stiftung Clément Moreau, Zürich

Der Dia-Vortrag von Horst-G. Vogeler widmet sich dem Künstler Carl Meffert / Clément Moreau und seinem Werk. Er präsentiert eine Auswahl aus den verschiedenen Schaffensperioden in Deutschland, in der Schweiz und in Argentinien.

Clément Moreau, der Käthe Kollwitz-Schüler und zeitweilige Weggefährte von Heinrich Vogeler (Worpswede), wurde 1903 in Koblenz als Carl Meffert geboren. Mehrjährige Aufenthalte in Fürsorgeanstalten und Gefängnissen prägten den Heranwachsenden nachhaltig für sein weiteres Leben und fanden Ausdruck in seinem künstlerischen Schaffen.

In den 1920er Jahren fand Carl Meffert in Berlin Anschluss an die Kreise fortschrittlicher Künstler und Künstlerinnen und bekam deren Unterstützung. Es folgten Aufenthalte in der Künstler- und Landkommune Fontana Martina bei Ascona.

1933 rettete er sich vor der nationalsozialistischen Verfolgung in die Schweiz und lebte dort illegal unter dem neuen Namen Clément Moreau. Fortan arbeitete er mit Linolschnitt-Illustrationen für die Arbeiterpresse seines Gastlandes.

Trotz seines Decknamens war der Aufenthalt in der Schweiz nicht sicher. Nelly Guggenbühl leistete Fluchthilfe und besorgte den sog. Nansen-Pass für Staatenlose. 1935 emigrierten beide nach Argentinien, heirateten in Buenos Aires und bekamen zwei Kinder.

Das künstlerische Schaffen Clément Moreaus widmete sich nun der Auseinandersetzung mit der NS-Diktatur und ihren Verbrechen gegen die Menschlichkeit. Der 1937/38 entstandene Linolschnitt-Zyklus Nacht über Deutschland und seine antifaschistischen Karikaturen wurden in argentinischen Zeitungen veröffentlicht.

1962 übernahm das Militär die Macht in Argentinien und nötigte den Künstler, der sich auch dort sozial und politisch engagiert gegen Unrecht und Unterdrückung zur Wehr setzte, ein weiteres Mal außer Landes zu gehen – immer war er ein Exilant.

Das Ehepaar kehrte zurück in die Schweiz. Der Künstler arbeitete als Zeichenlehrer, Theaterzeichner und Arbeitstherapeut. 1988 starb er in Zürich.

Horst-G. Vogeler, Foto: Elvira Vogeler, Fischerhude

Horst-G. Vogeler arbeitete als Lehrer, Kunsterzieher und Fachseminarleiter am Studienseminar in Verden. Seit über 60 Jahren steht er in einer intensiven Auseinandersetzung mit dem Bereich der Bildenden Kunst in Theorie und Praxis.
Studienjahre für Malerei und Grafik an der Werkkunstschule in Hannover und der Hochschule für Bildende Künste in Hamburg sowie das Studium für das Lehramt – Hauptfach Kunst – an der Pädagogischen Hochschule in Oldenburg waren die Basis dafür.

Sonderausstellung „Kinder flüchten vor Hitlers Weltkrieg. Eine Bilderfolge von Carl Meffert / Clément Moreau“ – Eröffnung Sonntag, 3. November 2024, 15 Uhr

Eröffnung am Sonntag, 3. November 2024, 15 Uhr, in der Cohn-Scheune

Zuerst die Verfolgung unzähliger Menschen in der Zeit des Nationalsozialismus wegen ihrer politischen Überzeugung, ihrer jüdischen Abstammung, ihrer Religionszugehörigkeit, ihrer Ethnie oder sexuellen Orientierung und dann der von Deutschland begonnene Zweite Weltkrieg lösten große Flüchtlingsströme aus.

Flucht – Copyright: Stiftung Clément Moreau, Zürich

Auf der Flucht waren auch ca. 30000 Kinder, die ohne ihre Familie zum Bespiel durch Kindertransporte nach Großbritannien und die Jugend-Aliyah nach Palästina oder andere Unterstützungsaktionen gerettet wurden. Carl Meffert / Clément Moreau erzählt davon in seiner 1940 entstandenen Bilderfolge: Tim flüchtet allein aus dem von deutschen Truppen überfallenen und besetzten Holland zunächst mit einem Kindertransport nach England zu seinen Verwandten. Nach den Luftangriffen auf London geht die Flucht vor dem Krieg weiter. Zusammen mit seinem Cousin Tom und seiner Cousine Mary und vielen anderen Kindern fährt er dem Schiff ins Exil nach Buenos Aires.

Ankunft in Buenos Aires – Copyright: Stiftung Clément Moreau, Zürich

Die in den Bildern erzählte Geschichte ist historisch zwar nicht richtig – mit dem Kriegsbeginn konnten keine Kindertransporte mehr durchgeführt werden und nach Argentinien gab es keine derartigen großen Rettungsaktionen –, aber durch diesen Kunstgriff schuf Clément Moreau eine Situation, mit der sich Kinder identifizieren können. Die Flucht vor dem Kriegsgeschehen wird als Abenteuer und Reise geschildert. Trotz der Gefahr können sie sich und sogar die Katze retten, indem sie handeln, mutig sind, sich behaupten und Solidarität zeigen.

Der Künstler Carl Meffert / Clément Moreau (1903-1988), der sich 1933 durch die Flucht in die Schweiz retten konnte, lebte ab 1935 in Argentinien. Er hat in den beiden ersten Jahren in Buenos Aires in der deutschsprachigen Pestalozzi-Schule, die für exilierte Kinder gegründet wurde, als Zeichenlehrer gearbeitet. Die Bilderfolge „Tim, Tom y Mary“ wurde von ihm 1940 aus der Perspektive der im Exilland ankommenden Kinder kreiert, aber leider nicht als Bilderbuch veröffentlicht. Mit der Intention, eine Brücke zu den argentinischen Kindern zu bauen, wird zum einen die Fluchtgeschichte auf Spanisch als großes Abenteuer erzählt. Zum anderen möchte er die Kinder ermutigen, über ihre eigenen Erlebnisse zu sprechen, und damit Hilfen für ihr Weiterleben anbieten.

Die Reproduktionen der Kunstwerke wurden der Cohn-Scheune von der Stiftung Clément Moreau, Zürich, aus dem Schweizerischen Sozialarchiv Zürich zur Verfügung gestellt.

Begleitend zur Sonderausstellung wird der Künstler Carl Meffert / Clément Moreau und sein Werk in einem Dia-Vortrag von Horst-G. Vogeler, Fischerhude, am Mittwoch, 13. November 2024, 19 Uhr, in der Cohn-Scheune vorgestellt.

„The Jewish Space – Das Jüdische im Raum“ Vorträge von Sylke Schumann und Wolfgang Dörfler

Montag, 23. September 2024, 19 Uhr

Blick in die Ausstellung in Zeven

Blick in die Ausstellung in Zeven, Foto: Ralf Schumann, 2010

Das von Schülerinnen und Schülern rekonstruierte Synagogenmobiliar aus Zeven hat einen eigenen Raum in der Cohn-Scheune in Rotenburg bekommen und erzählt seit Jahren seine Geschichten, die noch heute Folgeprojekte inspirieren. Sylke Schumann wird ihren persönlichen Weg zur Projektentwicklung aufzeigen, der in den 1990ern in Israel begann. Indem sie die einzelnen Aspekte des Projektes im Bildervortrag erläutert, wird sie auf die Bedeutung, Wirkung und Leistung, aber auch auf mögliche Gefahren und Risiken von verschiedenen „Jewish spaces“ für seine Beteiligten eingehen. Den Begriff des „Jewish Space“ im europäischen Kontext führte in den 1990ern die Historikerin Diana Pinto ein.

Blick in die Ausstellung in der Cohn-Scheune

Blick in die Ausstellung in der Cohn-Scheune, Foto: Wolfgang Dörfler, 2021.

Vor ca. fünfzehn Jahren begleiteten immer kritischere Stimmen von jüdischen und nicht-jüdischen Intellektuellen die Gedenkdebatte in Deutschland. Begriffe wie „Gedächtnistheater“, „Gedenkmeute“ oder „Holocaustindustrie“ erschreckten oder empörten Menschen, die sich zum Teil seit Jahrzehnten in Gedenkvereinen und Geschichtswerkstätten engagierten. Angesichts des Terrors am 7. Oktober 2023 und seiner gesellschaftlichen Folgen sind diese längst verstummt, aber damals fühlte sich Sylke Schumann herausgefordert, darüber nachzudenken, wie man junge Menschen motiviert, sich mit dem „Leidschatz“ unserer Geschichte zu beschäftigen.

Die Tora in der Cohn-Scheune

Die Tora in der Cohn-Scheune, Foto: Wolfgang Dörfler, 2021

Ein Museum lebt von seinen Exponaten, den Gegenständen, mit denen es sein Thema den Menschen näherbringen will. Jüdische Gegenstände sind in der Zeit des Nationalsozialismus systematisch vernichtet worden und daher sehr selten. Im zweiten Teil der Veranstaltung berichtet Wolfgang Dörfler davon, wie der Förderverein Cohn-Scheune Kenntnis von dem Nachbau der Synagogen Einrichtung aus Zeven erhalten hat und sich um eine Leihgabe der im Depot aufbewahrten Gegenstände bemühte. Dazu gehörte auch die Recherche zur Entstehungsgeschichte und der Kontakt zur Berufsschule und dort besonders zu dem Lehrer Heinz Kuhr, der seinerzeit die Aktion federführend betreut hatte. Durch einen besonderen Glücksfall gelang es wenige Monate später, den zur Ausstattung gehörenden Toraschrein auch noch mit einer während der NS-Zeit versteckten Torarolle zu bestücken. Auch die Geschichte dieser Leihgabe wird im Vortrag von Wolfgang Dörfler vorgestellt.

Sylke Schumann

Sylke Schumann, Foto: privat

Sylke Schumann

  • Um 1990 Krankenschwester, Pflegemutter, ehrenamtlich in der Suchtkrankenhilfe in Berlin
  • 2007-2016: Studium Jüdische Studien und Religionswissenschaft (BA) an der Universität Potsdam
  • Aktuell: freiberuflich tätig im Museum Altona, Schlossmuseum Bergedorf und Musikerin