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Ein Garten Eden inmitten der Hölle

Di 26.09.2017 – 19 Uhr:  Vortrag  Reinhard Piechocki stellt die Lebensgeschichte der jüdischen Pianistin Alice Herz-Sommer (1903-2014) vor: „Ein Garten Eden inmitten der Hölle“. Ein Jahrhundertleben. Dabei werden auch Auszüge aus Klavierstücken zu  hören sein, die der Pianistin halfen, die Zeit der Nazi-Verfolgung zu Überleben, und es werden kurze Filmaufnahmen gezeigt. (Eintritt: 4 EURO)

 

Alice Herz-Sommer

(in jungen Jahren und im hohen Alter am Klavier)

[© R. Piechocki]

Franz Kafkas Prag, der Zauber Chopins und das Ghetto von Theresienstadt – Kultur und Barbarei haben die jüdische Pianistin Alice Herz-Sommer geprägt. 1941, nach der Deportation ihrer Mutter, irrte die damals 38-Jährige völlig verzweifelt durch Prag, als sie plötzlich wusste: „Übe die 24 Etüden – das wird dich retten!“ Chopins 24 Etüden gelten als extrem schwierig zu spielen. Alice Herz-Sommer eignete sie sich in einem Jahr exzessiven Übens an. Nachdem sie 1943 mit ihrem kleinen Sohn und ihrem Mann nach Theresienstadt verbracht worden war, gaben sie und andere Pianisten dort bis zur Befreiung 1945 für ihre Mithäftlinge unzählige Klavierkonzerte. Die Freude am Musizieren habe ihnen beim Durchhalten geholfen: „Diese Konzerte, die Menschen, die da saßen, alte Leute, verlassen und krank, aber sie kamen zu den Konzerten, und diese Musik war unsere Speise für sie.“ Ihr Musizieren machte es ihr auch möglich, wie ihr Sohn später sagte, ihm einen „Garten Eden inmitten der Hölle“ zu erschaffen. Er selbst wurde ein bekannter Cello-Virtuose.

Bei Recherchen zur Interpretationsgeschichte von Chopins Etüden lernte Reinhard Piechocki Alice Herz-Sommer 2002 kennen. Es entwickelte sich eine intensive Freundschaft, aus der das Buch über die Pianistin hervorging. Reinhard Piechockis Biografie dieser ungewöhnlich starken Frau, deren Lebensfreude die Menschen mitriss, wurde in mehrere Sprachen übersetzt.

2014 verstarb Alice Herz-Sommer, die vermutlich älteste Überlebende des Holocaust, im Alter von 110 Jahren in London.