20.06.2017 – 19 Uhr: Vortrag von Dr. Hiltrud Häntzschel: Skandalon der Zeugenschaft ?
„Die Schriftstellerin Grete Weil und ihre Rolle im literarischen Leben der BRD“ ist der Vortrag von Frau Dr. Hiltrud Häntzschel (Germanistin / München) überschrieben.
Grete Weil (1906 – 1999), Tochter aus großbürgerlichem, jüdischem Elternhaus in München musste 1933 ihr Germanistikstudium abbrechen und floh mit ihrem Mann, dem Dramaturgen Edgar Weil, ins Exil nach Amsterdam. Während Edgar Weil 1943 einer Razzia in die Hände lief und in Mauthausen ermordet wurde, konnte Grete Weil in Holland versteckt überleben und kehrte 1946 nach Deutschland zurück.
Ihr spät einsetzendes literarisches Werk ist erst im hohen Alter mit den Romanen Meine Schwester Antigone und Der Brautpreis einer breiteren Öffentlichkeit bekannt geworden. Es kreist unaufhörlich um den „Morbus Auschwitz“, um die Erfahrung des Holocaust, ums Überlebthaben, um die Schuld der Täter wie der Opfer, auch um die Weigerung der Sprache, diese Zeugenschaft zu vermitteln, sowie die jahrelange Weigerung des deutschen Lesepublikums, sich auf solches Zeugnis einzulassen. Im Zentrum des Vortrags steht der Roman Tramhalte Beethovenstraat von 1963 bzw. 1992.
(Foto 1: Selbstporträt 1939, Amsterdam; aus Nachlass; Münchner Stadtbibliothek Monacensis ⁄ Foto 2: Porträt Grete Weil; aus Hilde Koelbl: „Jüdische Portraits – Photographien und Interviews“, Frankfurt a.M. 1989; mit freundlicher Genehmigung von Hilde Koelbl)