CHANUKKA 2017

Auch in diesem Jahr feiern wir das jüdische Lichterfest CHANUKKA. Diesmal  liegen die acht Tage des fröhlichen Festes in der zweiten Dezemberwoche. In der Cohn-Scheune wird am Mittwoch, dem 13. Dezember um 17 Uhr der Chanukka-Leuchter vom jüngsten Teilnehmer/in entzündet und bei Geschichten, Spielen und Latkes dieser alte Brauch gelebt.

Der Vorstand wünscht allen Mitgliedern, Freunden und Förderern ein fröhliches  „chag chanukka sameach!“ zum Lichterfest Chanukka (13.12.2017 – 20.12.2017),  eine gesegnete Weihnachtszeit und einen guten Start in das neue Jahr!

Lebensraum und Getto

Do 9. November 2017 – 19 Uhr: Vortrag von Herrie Teunissen: „Lebensraum und Getto – Karten des Warthegau und Pläne von Litzmannstadt“

Der Historiker Herrie Teunissen ist Sammler von historischen Landkarten, Atlanten und Reiseführern und lehrt am Zentrum für Jüdische Studien in Leiden (NL). Für seinen Vortrag hat er kartographische Dokumente der Jahre 1938 bis 1944 ausgewählt, von denen zeitgenössisch etliche als geheim eingestuft waren, so dass schon die Geschichte der Beschaffung dieser Dokumente spannend ist. Die Stadt Lótz hatte auch vor dem Ersten Weltkrieg nicht zum Deutschen Reichsgebiet gehört, sollte 1939 aber auf Druck der kleinen deutschen Bevölkerungsminderheit (unter 10%) als industrielles Zentrum zum Warthegau gezogen werden. Die Pläne zeigen wie die Ansiedlung von „Volksdeutschen“ in der Stadt Lótz zu einer fortschreitenden Verdrängung der jüdischen Wohnbezirke führte. Auf den Plänen erhielten die Straßen des jüdischen Gettos zunächst keine Namen mehr, später verschwand das Getto gänzlich von den Karten und polnische Straßennamen wurden zunehmend eingedeutscht. Die polnische Stadt Lódz wurde in einem „symbolischen Prozess“ im April 1940 in „Litzmannstadt“ umbenannt. Die Pläne zeigen, wie eine nationalsozialistische Modellstadt mit Aufmarschstraßen, Appellplatz etc. über dem alten Stadtgrundriss entstehen sollte. Es ist beeindruckend zu sehen, wie der nationalsozialistische Größenwahn und seine Vernichtungsstrategien sich in einem so neutral erscheinenden Medium wie Landkarten und Pläne dokumentiert haben.

Die Vortragsprache ist Deutsch. Ab 18:00 Uhr ist die laufende Sonderausstellung: „Schützende Inseln. Lehrgüter für die Auswanderung jüdischer Jugendlicher im Nationalsozialismus“ geöffnet.

Ein Garten Eden inmitten der Hölle

Di 26.09.2017 – 19 Uhr:  Vortrag  Reinhard Piechocki stellt die Lebensgeschichte der jüdischen Pianistin Alice Herz-Sommer (1903-2014) vor: „Ein Garten Eden inmitten der Hölle“. Ein Jahrhundertleben. Dabei werden auch Auszüge aus Klavierstücken zu  hören sein, die der Pianistin halfen, die Zeit der Nazi-Verfolgung zu Überleben, und es werden kurze Filmaufnahmen gezeigt. (Eintritt: 4 EURO)

 

Alice Herz-Sommer

(in jungen Jahren und im hohen Alter am Klavier)

[© R. Piechocki]

Franz Kafkas Prag, der Zauber Chopins und das Ghetto von Theresienstadt – Kultur und Barbarei haben die jüdische Pianistin Alice Herz-Sommer geprägt. 1941, nach der Deportation ihrer Mutter, irrte die damals 38-Jährige völlig verzweifelt durch Prag, als sie plötzlich wusste: „Übe die 24 Etüden – das wird dich retten!“ Chopins 24 Etüden gelten als extrem schwierig zu spielen. Alice Herz-Sommer eignete sie sich in einem Jahr exzessiven Übens an. Nachdem sie 1943 mit ihrem kleinen Sohn und ihrem Mann nach Theresienstadt verbracht worden war, gaben sie und andere Pianisten dort bis zur Befreiung 1945 für ihre Mithäftlinge unzählige Klavierkonzerte. Die Freude am Musizieren habe ihnen beim Durchhalten geholfen: „Diese Konzerte, die Menschen, die da saßen, alte Leute, verlassen und krank, aber sie kamen zu den Konzerten, und diese Musik war unsere Speise für sie.“ Ihr Musizieren machte es ihr auch möglich, wie ihr Sohn später sagte, ihm einen „Garten Eden inmitten der Hölle“ zu erschaffen. Er selbst wurde ein bekannter Cello-Virtuose.

Bei Recherchen zur Interpretationsgeschichte von Chopins Etüden lernte Reinhard Piechocki Alice Herz-Sommer 2002 kennen. Es entwickelte sich eine intensive Freundschaft, aus der das Buch über die Pianistin hervorging. Reinhard Piechockis Biografie dieser ungewöhnlich starken Frau, deren Lebensfreude die Menschen mitriss, wurde in mehrere Sprachen übersetzt.

2014 verstarb Alice Herz-Sommer, die vermutlich älteste Überlebende des Holocaust, im Alter von 110 Jahren in London.