Renata Stein (1917 – 2007): Erinnerungen

Mi 30.10.2019 – 19 Uhr: Uwe Bausdorf (Rotenburg) liest aus den „Erinnerungen an Jugend, Krieg und Nachkriegszeit der 2007 in Rotenburg verstorbenen Renata Stein.

Renata Stein (1917 in Berlin geboren) war Tochter von Hedwig Stein, geborene Vollpracht, und Max Stein, des Direktors der Vereinigten Dachpappenfabrik Deutschland. Max Stein war Weggefährte und Freund des Reichstagspräsidenten Paul Löbe. Weil er Jude war, musste er den Direktorenposten verlassen, da in der Hetzzeitschrift „Der Stürmer“ gegen ihn agitiert wurde. Er war ein bedeutender Sammler von Schriften zur Sozialismusforschung und der Arbeiterbewegung. Renata Stein erzählt von dem Leben während des Krieges in Berlin, und wie ihr Vater, der durch seine evangelische Ehefrau in einer sogenannten „privilegierten Mischehe“ relativ geschützt war, es schaffte, diese Sammlung in Berlin durch Krieg und Nachkriegszeit zu bringen. Die „Bibliothek Stein“ umfasst 7.500 Bände und wurde 1951 von der Freien Universität Berlin angekauft.

Renata Stein schildert ferner ihren Werdegang nach dem Krieg. Da sie fließend Englisch sprach, war sie nach dem Krieg bei der Alliierten Kommandantur beschäftigt. Als Übersetzerin und dann auch Journalistin bei „Newsweek“ verfolgte sie die Gründung der Bundesrepublik in Bonn. Nach ihrer siebenjährigen Tätigkeit bei dieser amerikanischen Zeitung war sie beim Obersten Rückerstattungsgericht in der Berliner Rauchstraße beschäftigt, welches für die Rückerstattung von während des Nationalsozialismus beschlagnahmten Vermögen zuständig war.

Der Vortragende Uwe Bausdorf, ehemaliger Lehrer an der RS Rotenburg, hat von seinem achten bis einundzwanzigsten Lebensjahr mit seiner Mutter und Renata Stein in Berlin zusammengelebt. Er hat sie 2004 nach Rotenburg geholt, wo er sich bis zu ihrem Tode 2007 um sie gekümmert hat.

Eintritt: 3 EuroSchülerinnen und Schüler haben freien Eintritt.

Foto: „Renata Stein ~1965 / © Meike Bausdorf

Menschenkette um die Cohn-Scheune

„Diskriminierung fängt dort an, wo die Achtung vor der Menschenwürde aufhört.“ (Monika Kühn-Görg)

Am Montag den 14.10.19 versammelten sich die Kurse 17B und 19B der Gesundheits- und Krankenpflegeschule am AGAPLESION Diakonieklinikum Rotenburg an der Cohn-Scheune, einem jüdischem Museum in Rotenburg, anlässlich der Anschläge in Halle am 09.10.2019.

Um Solidarität dem Judentum gegenüber zu vermitteln, rief die Evangelische Kirche in Deutschland dazu auf, Menschenketten um Synagogen zu bilden. Im Rahmen des Ethikunterrichtes kam die Frage auf, wie sich ein solches Projekt in Rotenburg gestalten ließe. Da die Cohn-Scheune mit ihrem kulturhistorischen Bezug zum Judentum in fußläufiger Reichweite der Gesundheits- und Krankenpflegeschule liegt, konnte das Projekt der Schüler aus über 12 verschiedenen Nationen zügig umgesetzt werden. Ziel der Aktion war es, Wertschätzung und Zusammenhalt zu vermitteln, wie auch sich öffentlich gegen Antisemitismus zu positionieren.

Frau Hansen-Schaberg und Frau Quehl vom Förderverein Cohn-Scheune e.V. zeigten sich sehr unterstützend und öffneten spontan Türen und Herzen für alle Beteiligten. (Anna Schreiner und Justina Pallas, 17B / Text+Foto © Diakonieklinikum Rotenburg)

Als die Städte brannten …

Di 24 09.2019 – 19 Uhr: Lesung mit Musik: „Aus dem Gepäck der Kriegskinder“ in der Cohn-Scheune

Die Bremer Autoren Inge Buck, Mathias Groll, Siegfried Marquardt, Hartwig Struckmeyer, zwischen 1934 und 1940 geboren, haben den Zweiten Weltkrieg als Kinder erlebt. Ihre Erinnerungen daran haben sie in Gedichte und kurze Prosatexte gefasst. „Aus dem Gepäck der Kriegskinder“, lautet der Titel ihres Buchs, aus dem sie lesen werden. Eingebrannte Geräusche und Bilder kommen nach über 70 Jahren zur Sprache. Das Heulen des Fliegeralarms, das Schießen der Flak, das Pfeifen der Bomben, ihre Detonation. „Als die Städte brannten, verstand ich nicht, dass die Wahrscheinlichkeit zu sterben hoch war. So blieb ich ein furchtloses Kind“, Mathias Groll. Die Kriegsspiele der Kinder im Krieg. Das Spiel Wer-hält-den-Hunger-am-längsten-aus? Die Mutter, die neben ihrem eigenen Kind auch ein Flüchtlingskind stillt. „Der Vater schrieb Briefe, hinter dem Fluss fuhren die Züge in einen Tunnel, dahinter begann der Krieg“, Inge Buck. Es ist eine Gratwanderung zwischen Erzähltem und Nicht-Erzählbarem, zwischen Lebensgeschichte und Zeitgeschichte, zwischen Schweigen und Schreiben.

Musikalische Begleitung: Ortrud Staude, Akkordeon.

Foto: Inge Buck / v. li.: Siegfried Marquardt, Inge Buck, Hartwig Struckmeyer, Ortrud Staude, Mathias Groll

Das Buch ist 2015 im Verlag Edition Falkenberg erschienen, der seinen Sitz in Rotenburg/Wümme hat, und kostet € 14,90.

In der Rotenburger Kreiszeitung erschien am 26.09.2019 der folgende Beitrag von Wieland Bonath: „Stille Nachdenklichkeit in der Cohn-Scheune“