Stolpersteine für Oscar und Robert Alexander

Seit 1821 lebte die jüdische Familie Alexander in Visselhövede. Jacob Meyer Alexander war der Bruder der Ehefrau Esther von dem Rotenburger Isaak David Cohn. Jacobs Sohn, Martin Alexander wurde 1872 zum Bürgermeister von Visselhövede gewählt, sein Porträt hängt im Rathaus der Stadt. Sein 1881 geborener Sohn Oscar verließ Visselhövede und wurde  nach dem Ersten Weltkrieg langjähriger, erfolgreicher Direktor der Rheuma-Heilstätte, später Kuranstalten von Bad Bramstedt. Am 25. Oktober 1942 wurde er in Sachsenhausen ermordet. Sein Sohn Robert konnte 1938 noch rechtzeitig nach Kolumbien fliehen. Er verstarb dort 1990. Seine beiden Töchter leben inzwischen wieder in Deutschland und stehen in Kontakt zu den Wohnorten ihrer Vorfahren.

Am 21. November d.J. verlegte Gunter Demnig die beiden Stolpersteine vor dem Haus Oscar-Alexander-Straße 24 auf Anregung der Stadtverordnetenversammlung von Bad Bramstedt.

Gunter Demnig hat seit 1992 etwa 75.000 Stolpersteine in mehr als 1000 deutschen Kommunen und in 24 Staaten Europas verlegt. Sein Projekt dürfte damit das größte dezentrale Mahnmal der Welt sein. (Quellen: Hamburger Abendblatt 23.11.2019; M. Wichmann: Jüdisches Leben in Rotenburg,  PD-Verlag 2010)

(Fotos: © A. Quehl 2019)

Film „Menschliches Versagen“ (Michael Verhoeven)

Sonnabend, 09. November 2019 – 18 Uhr: Im Ratssaal Rotenburg –  in Kooperation mit der Stadt Rotenburg. (Eintritt frei) – Die Mitregisseurin Luise Lindermair wird anwesend sein.

In seinem Film „Menschliches Versagen“ geht der renommierte Autor und Regisseur Michael Verhoeven daran, anhand der konkreten Geschichten von Betroffenen den Vorgang der Ausgrenzung, Entrechtung, Enteignung und schließlich Deportation der jüdischen Mitbürger aufzuzeigen.
Das Ende des Holocaust, die brutale Auslöschung von Millionen von Menschenleben, ist – zumindest in seinen wichtigsten Fakten – bekannt. Viel weniger dokumentiert und bis heute viel weniger vorstellbar sind die Anfänge des Verbrechens mitten in einer „normalen“ Gesellschaft.

Wie kann es sein, dass ein so eklatantes Unrecht durch immer neue Gesetze rechtsförmig gemacht wurde? Warum haben sich die damit befassten Behörden so intensiv, oft übereifrig am Holocaust beteiligt? Warum haben die meisten nicht-jüdischen Deutschen so wenig dagegen unternommen? Wie war es möglich, sie alle zu Komplizen zu machen? Warum hat es quer durch ein riesiges Reichsgebiet so wenig Mut zum Aufbegehren und so wenig Kraft zum Widerstand gegeben?

Der zentrale Themenbereich des Filmes ist die sogenannte „Arisierung“ von jüdischem Eigentum und Vermögen, die vollständige Ausraubung der jüdischen Bevölkerung – die nach dem Krieg durch Rückerstattung oder Schadensersatz nur zu einem geringen Prozentsatz wieder „gut“ gemacht worden ist.

Michael Verhoevens Film wirft die beunruhigende und bis heute beschämende Frage auf, in welchem Ausmaß die zivile Bevölkerung in Nazi-Deutschland zum Profiteur der systematischen Beraubung der jüdischen Bevölkerung in Deutschland und in den besetzten Ländern geworden ist. Schwerpunkte dieser Spurensuche sind Köln und München.
(Quelle: Bayerischer Rundfunk) – Filmplakat: © Michael Verhoeven / Bayerischer Rundfunk

Renata Stein (1917 – 2007): Erinnerungen

Mi 30.10.2019 – 19 Uhr: Uwe Bausdorf (Rotenburg) liest aus den „Erinnerungen an Jugend, Krieg und Nachkriegszeit der 2007 in Rotenburg verstorbenen Renata Stein.

Renata Stein (1917 in Berlin geboren) war Tochter von Hedwig Stein, geborene Vollpracht, und Max Stein, des Direktors der Vereinigten Dachpappenfabrik Deutschland. Max Stein war Weggefährte und Freund des Reichstagspräsidenten Paul Löbe. Weil er Jude war, musste er den Direktorenposten verlassen, da in der Hetzzeitschrift „Der Stürmer“ gegen ihn agitiert wurde. Er war ein bedeutender Sammler von Schriften zur Sozialismusforschung und der Arbeiterbewegung. Renata Stein erzählt von dem Leben während des Krieges in Berlin, und wie ihr Vater, der durch seine evangelische Ehefrau in einer sogenannten „privilegierten Mischehe“ relativ geschützt war, es schaffte, diese Sammlung in Berlin durch Krieg und Nachkriegszeit zu bringen. Die „Bibliothek Stein“ umfasst 7.500 Bände und wurde 1951 von der Freien Universität Berlin angekauft.

Renata Stein schildert ferner ihren Werdegang nach dem Krieg. Da sie fließend Englisch sprach, war sie nach dem Krieg bei der Alliierten Kommandantur beschäftigt. Als Übersetzerin und dann auch Journalistin bei „Newsweek“ verfolgte sie die Gründung der Bundesrepublik in Bonn. Nach ihrer siebenjährigen Tätigkeit bei dieser amerikanischen Zeitung war sie beim Obersten Rückerstattungsgericht in der Berliner Rauchstraße beschäftigt, welches für die Rückerstattung von während des Nationalsozialismus beschlagnahmten Vermögen zuständig war.

Der Vortragende Uwe Bausdorf, ehemaliger Lehrer an der RS Rotenburg, hat von seinem achten bis einundzwanzigsten Lebensjahr mit seiner Mutter und Renata Stein in Berlin zusammengelebt. Er hat sie 2004 nach Rotenburg geholt, wo er sich bis zu ihrem Tode 2007 um sie gekümmert hat.

Eintritt: 3 EuroSchülerinnen und Schüler haben freien Eintritt.

Foto: „Renata Stein ~1965 / © Meike Bausdorf